New York City

TL;DR: In diesem Beitrag geht es um meine Erlebnisse in der Stadt. Was in der Barkeeperschule passiert ist? Voilà. New York City ist abgefahren!

Der Flug verläuft ruhig und bis fast zum Schluss total bewölkt, so dass ich leider nur wenig Landschaft sehe. Nach 5’600 km und 905 kg CO2 (myclimate.ch) nähere ich mich New York City. Beim Anflug ist die Skyline inmitten eines Häusermeers zu erkennen. Sie sieht wie eine ferne Verheissung aus, die am Horizont glitzert, aber niemals ganz zu erreichen ist. 

Vom Flughafen führt eine automatische Hochbahn zur U-Bahn-Station, sauber und bequem. Ich denke mir, «wow, die Amis können also doch ÖV, wenn sie denn nur wollen». Schnell lande ich jedoch auf dem harten Boden des Kapitalismus, denn für die fünfminütige Fahrt werden mir 7.50 CHF abgeknöpft, wovon ich allerdings erst beim Ausgang erfahre.

Es ist 4. Juli, der amerikanische Nationalfeiertag, und natürlich wird das hier ziemlich gefeiert. Ich gehe mir das Feuerwerk im East River (zwischen Manhattan und Brooklyn/Queens) anschauen. Das Feuerwerk ist fünf Schiffe breit. Kurz danach bewegt sich die ganze Masse zu den umliegenden U-Bahn-Stationen, dazwischen hupende Autos, Polizei und Feuerwehr. Sirenen und Blinklichter werden hier ganz selbstverständlich benutzt, das zeigt sich immer wieder. Überhaupt ist es eine sehr laute Stadt; es riecht auch weniger sauber, hat mehr Abfall auf den Strassen als in London (aber immer noch im Rahmen) und es ist heiss und schwül – ich bin definitiv nicht mehr in Europa!

Am nächsten Tag gehe ich nach Manhattan. Und plötzlich ist es da, dieses Gefühl, das ich in New York noch so einige Male haben werde: Ich bin überwältigt. Einfach überwältigt, weil diese Stadt alles sprengt, was ich je gesehen habe. Alles ist laut hier: der Verkehr, die Outfits, die Werbung, die Hochhäuser, die Menschenströme, die schiere Anzahl an Bars und Cafés. Und die Menschen selbst? Extrem bunt. Leute aus allen Ecken der Welt machen hier ihr Ding. Es ist elektrisierend!

Bisher erlebte ich Städte in etwa so: Westlich des Flusses ist ist eine Ansammlung von Bars und Clubs, nördlich des Hauptbahnhofs eine zweite, ein paar Strassen weiter die Shoppingmeile etc. etc. Es gibt grosse, belebte Viertel, dazwischen aber auch Wohngegenden. In Manhattan hingegen kannst du Kilometer um Kilometer laufen, ohne je in eine ruhige Gegend zu kommen. Es hat ohne Scheiss ÜBERALL Bars. In den Bars Livemusik von konstant hoher Qualität. Und ständig trifft man auf die spannendsten Charaktere: Leute, die auf der Strasse rappen, Leute, die aussehen, als kämen sie von der Paris Fashion Week, Leute in der U-Bahn in spärlicher Lederkleidung, unterwegs zu einer sex-positiven Party, eine megalaute Blockfeier um die Ecke; und wohin du auch gehst, du bist sicher nicht allein. New York nimmt seinen ganzen Wahnsinn und schlägt ihn dir einfach ins Gesicht. Du kannst gar nicht ausweichen. Sarah Anne auf Quora beschreibt es so:

Ausserhalb von Manhattan findet man ebenfalls jede Menge Hotspots, dort dann aber auch die ruhigeren Ecken. Das zeigt sich auch in den Zahlen: Im Stadtgebiet leben im Schnitt 11’313 Einwohnerinnen und Einwohner auf einem Quadratkilometer. Ich übernachte in Bedford-Stuyvesant (Brooklyn) mit 22’000 E./km2, während Manhattan 28’000 E./km2 aufweist (in der Upper West Side sogar sagenhafte 44’000 E./km2). Zum Vergleich: Paris ist mit 20’000 E./km2 ebenfalls dicht, Zürich liegt bei 4’800 E./km2 (alle Zahlen von Wikipedia).

Ich kann mir vorstellen, dass es auch mal zu viel werden kann, wenn man hier lebt. Während meines einmonatigen Besuchs ebbt jedoch die Bewunderung nie ab. Auffallend ist natürlich auch die Architektur:

Mehr als einmal wandere ich durch die Häuserschluchten und sauge die Atmosphäre auf. Dabei komme ich auch am Times Square vorbei. Ein surrealer Ort. Die mit Werbung verkleideten Gebäude werden von Touristenmassen bestaunt (ja, ich bin Teil davon), manche Strassenkünstlerinnen posieren für Fotos, two Dollars please, während dir „Mönche“ ein „Glücksbändchen“ in die Hand drücken, das sie dann aber nicht mehr zurücknehmen wollen, twenty Dollars please. Rundherum Modeketten. Dieser Ort ist durch und durch Kommerz, alles ist Schein, ich bin hier nur als potentielle Geldquelle von Interesse. Mir wird später gesagt, New Yorker mieden den Platz eher. Trotz allem finde ich es hochspannend, zu beobachten, wie Leute immer und immer wieder auf die Tricksereien hereinfallen. Mir ist das in der Vergangenheit auch schon passiert, hier bin ich zum Glück vorbereitet.

An einem anderen Tag will ich mir die ganze Geschichte von oben anschauen. Es gibt fünf grosse Aussichtsplattformen; das Rockefeller Center ist mitten im Kuchen und wirbt auch mit dem Preis, „ab 34$“. Ich beschliesse, mir dort den Sonnenuntergang anzuschauen. Grosser Fehler. Für Erwachsene kostet’s 40$, zwischen 17 und 21 Uhr 15$ Zuschlag. Dazu kommt dann noch ohne Angabe von Gründen eine „Bearbeitungsgebühr“ von 5$, egal welche Zahlungsmethode gewählt wird. Also nichts anderes als eine versteckte Preiserhöhung. Obendrauf die übliche Steuer. Aus „ab 34$“ werden also im Handumdrehen 65.25$, frech. Ich denke mir, ich bin nicht mehr so bald hier, und bezahle zähneknirschend.

Oben ist es voll. Die Leute stehen in drei Reihen entlang dem Rand der Plattform. Das an sich wäre noch nicht so das Problem. Das Problem ist, dass die vorderste Reihe keine Anstalten macht, sich auch nur einen Millimeter zu bewegen. Reihe 2 und 3 versuchen sich irgendwie reinzuquetschen. Nichts fliesst, es ist extrem starr. Insta-Tussis und -Tussos machen minutenlang dasselbe Bild, bevor sie wieder in ihre Handys schauen – lassen aber logischerweise niemanden vor. Auch von den anderen kommt niemand auf die Idee, dass mit ein bisschen Rotation allen besser gedient ist. Um überhaupt Bilder machen zu können, muss ich recht aggressiv nachfragen, worauf mir ganz kurz Platz gemacht wird. Kurz denke ich: Wenn wir schon auf einer Aussichtsplattform so egoistisch sind, wie sollen wir dann grössere Probleme in den Griff kriegen? Ich verdränge den Gedanken schnell wieder.

Ich versuche, das Ganze mit Humor zu nehmen, da man aber wirklich nicht so viel von der Aussicht hat, bin ich mit der Zeit trotzdem ein bisschen genervt. Glücklicherweise lockert es sich bald nach dem Sonnenuntergang und ich kann die fantastische Sicht über New York City zu geniessen beginnen. Insgesamt verbringe ich etwa 2.5 h dort. Was ich daraus gelernt habe: Aussichtsplattformen oder andere Hauptattraktionen besuche ich ab sofort nur noch zu Randzeiten!

Wenn gerade keine Barkeeperschule ist, bin ich meistens daran, einfach durch die verschiedenen Viertel zu laufen, in Cafés zu gehen, die Parks zu entdecken und die Strassenszenen anzuschauen. Ich gehe in alle fünf Boroughs. Hier 20 weitere Fotos:

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Und zuletzt ein paar Videos (sie laden zurzeit ein bisschen langsam, tut mir Leid! Ich arbeite daran).

Es ist eine atemberaubende Stadt und ich fühle mich pudelwohl hier. Wäre New York City einigermassen in Zugdistanz zur Schweiz, würde ich sofort hierherziehen. Leider ist das nicht der Fall, und so fällt mir die Entscheidung sehr viel schwerer. Will ich wirklich so weit weg von Familie und Freunden sein? Oder vielleicht kann ich ja alle überzeugen, mit mir umzuziehen 🤔

Die Antwort muss fürs Erste warten. Am 4. August gehts nämlich weiter mit dem Greyhound nach Denver.

P.S.: Am 15. Juni 2024, die Reise ist schon längst vorbei, bekomme ich ein E-Mail aus den USA. Es sieht offiziell aus. Und tatsätchlich: Es kommt von einem Gericht. Es gab nämlich eine Sammelklage gegen die 5$ Bearbeitungsgebühr vom Rockefeller Center und jetzt bekommen alle das Geld zurück sowie wird die Gebühr nicht mehr erhoben. Ein kleiner, aber nötiger Gewinn gegen geschäftlichen Beschiss.


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